"Es ist dringend notwendig, dass wir unsere Beziehung zur Natur überdenken."


Roger Zürcher, Agronom und Programmverantwortlicher bei FH Schweiz, lädt uns ein, mitten in der Covid-19 Krise unsere Beziehung zur Erde hinterzufragen.

Welche Verbindungen gibt es zwischen unserem Nahrungsmittelproduktionssystem und der Ausbreitung von Pandemien wie die der Covid-19?

Viren zirkulieren seit jeher zwischen der Tierwelt und dem Menschen. Aber mit der Entwicklung der industriellen Landwirtschaft und der Intensivierung des Welthandels haben diese Übertragungen zugenommen.
Die massive Entwaldung infolge der großflächigen Landwirtschaft hat die Lebensrä
ume für Wildtiere reduziert. Sie sind gezwungen, umherzuziehen und näher an die Haustiere heranzukommen. So werden viele Krankheitserreger auf den Menschen übertragen.
Ein Virus, das auf einem Wildtier, wie z.B. einer Fledermaus, lebt, ist
solange es dort bleibt kein Problem, aber kann extrem pathogen werden, wenn es mutiert und sich an eine Haustierart, wie z.B. ein Schwein, anpasst. In dieser Hinsicht ist die Massenaufzucht ein enormer Risikofaktor. Diese Tiere sind « standardisiert », d.h. mit sehr geringer genetischer Variabilität und daher sehr anfällig. Ein Virus kann sich deshalb sehr schnell entwickeln und mit hoher Geschwindigkeit auf den Menschen übertragen werden.

 
Welche
Änderungen sind erforderlich?

Es ist dringend notwendig, unser Verhältnis zur Natur neu zu ü
berdenken. Wir können genug Nahrung für alle Menschen auf der Welt produzieren und zugleich die Natur und ihr Gleichgewicht respektieren. Dafür müssen wir in Harmonie mit unserem Planet handeln.
Möglicherweise werden nach dieser Krise Gesetze erlassen, um die Vorräte an medizinischer Ausrüstung zu erhöhen, um die Knappheit zu vermeiden, die wir derzeit erleben. Aber wird es Veränderungen in der Nahrungsmittel- und Agrarpolitik geben? Diese Krise zeigt uns, dass unsere Ernährungssysteme versagen und sogar tödlich sind. Wir können gegen die Ursachen des Auftretens von Infektionskrankheiten vorgehen und unsere Ernährungssysteme wiederherstellen. Dazu sind vier Hauptmaßnahmen erforderlich:
1) Reduzierung des internationalen Verkehrs, Verlagerung der Wirtschaft, F
örderung der Kreislaufwirtschaft. Die Reduzierung des Handels verringert die Risiken und reduziert gleichzeitig die Treibhausgase.
2) Überall auf lokale und
ökologische Landwirtschaft umstellen: Diese Landwirtschaft, die hauptsächlich auf lokalem Saatgut oder lokalen Arten basiert, erfordert nur wenige Inputs und lebt von kurzen und lokalen Netzwerke für die Vermarktung. Vielfalt fördert die Widerstandsfähigkeit und reduziert Risiken.
3) Abschaffung der intensiven Viehzucht und Bevorzugung lokaler Rassen, die an den Kontext angepasst sind. Die Vielfalt dieser Rassen wird es nicht zulassen, dass sich Epidemien wie derzeit ausbreiten.
4) Echte politische Anreize für diese
Umstellung des Ernährungssystems schaffen.

 
K
önnen wir optimistisch sein, dass diese Veränderungen stattfinden werden?

Ich denke, dass wir uns nicht auf den menschlichen guten Willen allein verlassen k
önnen, er ist unzureichend. Der heilige Paulus sagte: Was ich will, das tue ich nicht, und was ich hasse, das tue ich (Röm 7,15). Wir sollten weniger verbrauchen, weniger CO2 ausstoßen, unser Verhalten ändern usw., aber wir sind nicht wirklich in der Lage, dies aus eigener Kraft zu tun. Unsere Hoffnung ist, dass Gott an der Geschichte beteiligt ist, dass er nicht abwesend ist. Ich sage nicht, dass Gott hinter COVID steht, das es ermöglicht hat, die CO2-Emissionen zu reduzieren, aber ich glaube, dass Gott Böses in Gutes verwandeln kann, d.h. dass die negativen Folgen unseres kollektiven Verhaltens, wie das Auftreten von Pandemien, in Gutes verwandelt werden können, wie z.B. eine Veränderung der Gesellschaft. Vor allem wissen wir, dass die Geschichte ein glückliches Ende hat, wenn wir dem glauben, was Jesus sagte: "Ein wenig Sauerteig macht den ganzen Teig durchsäuert" (Mt 13,33), d.h. dass sein Reich der Gerechtigkeit, des Friedens und der Liebe schließlich die ganze Erde erfüllen wird.

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